Modul 6

Modul 6 Praxislernen im Online-Unterricht

Sag es mir, und ich vergesse es. Zeige es mir, und ich werde mich erinnern. Lass es mich tun, und ich werde es behalten.

Dieses Zitat wird dem chinesischen Philosophen Konfuzius (551- 479 vor unserer Zeitrechnung) zugeschrieben. Mehr als 2500 Jahre später veranschaulicht es einen Grundgedanken, der auch heute noch für die Bildung zentral ist:  Lernen braucht Austausch, und Lernen braucht Anwendbarkeit.

Einführung

Digitale Technik in der Bildung gestern bis heute

Learning by doing ist ein Begriff, der im täglichen Leben häufig und beiläufig verwendet wird. Ein Kind lernt zum Beispiel Fahrradfahren, indem es das einfach tut; eine Büroangestelltee verbessert ihr Geschick im Arbeiten mit Textverarbeitungssoftware, indem sie bisher ungenutzte Funktionen selbsttätig erkundet.

Statt Learning by Doing könnte man auch Praxislernen sagen. Wir verwenden diese beiden Begriffe im Folgenden gleichermaßen.

Es ist klar, dass einige Fähigkeiten durch Übung erlernt werden können, aber es gibt auch Grenzen. Niemand würde es für sinnvoll halten, Piloten auszubilden, indem man sie einfach ein Flugzeug fliegen lässt, ohne sie vorher systematisch vorzubereiten.

Weiter hängt Praxislernen in hohem Maße davon ab, welche Fähigkeiten eine Person zuvor erworben hat, einschließlich der Fähigkeit zur Selbstbeobachtung, zur Selbstkorrektur und zur Verfolgung eines Ziels.

Dieses Modul aus dem Remoking-Selbstlernmaterial für Lehrpersonen konzentriert sich auf Praxislernen im Fernunterricht. Kann Learning by Doing oder Praxislernen, insbesondere in der beruflichen Bildung, ohne die physische Anwesenheit der Lernenden in einem Klassenzimmer oder einer Werkstatt ermöglicht werden? Finden wir es heraus!

Was erwartet Sie hier?

Mit dem folgenden Selbstlernmaterial für Lehrkräfte arbeiten Sie sich durch: 

 In den folgenden Selbstlernmaterialien für Lehrerinnen und Lehrer werden Sie sich durcharbeiten:

  1.  Die Vor- und Nachteile von Learning by Doing im Fernunterricht.
  2.  Ein Modell zur Verortung von Formen des Praxislernens in einem dreidimensionalen Raum von Kategorien. Diese Kategorisierung wurde speziell für diesen Kurs entwickelt; sie stammt nicht aus der einschlägigen Literatur.
  3.  Praktische Beispiele für Learning by Doing im Fernunterricht, die die Endpunkt der drei Dimensionen veranschaulichen.
  4.  Nach jedem Lernschritt bekommen Sie Gelegenheit, über das Thema nachzudenken und es auf Ihre eigene tägliche Unterrichtspraxis zu beziehen.
  5.  Am Ende gibt es ein Quiz, um das Modul spielerisch abzuschließen und die wichtigsten Gedanken zu festigen.

Lernziele

Learning by Doing – Was ist der Mehrwert?

  • Höhere Motivation durch Lernen im eigenen Lerntempo
  • Konzentration auf Stärken (vorhandene oder neu erworbene) führt zu effektiven Lösungen 
  • Rascher Wissenserwerb und Entwicklung neuer Fähigkeiten. 
  • Das Gelernte wird durch praktische Anwendung nachhaltig gefestigt.
  • Die Lernenden erhalten sofortiges feedback

„Zu wissen, dass Fehler passieren dürfen, hilft den Auszubildenden, mehr Selbstvertrauen zu haben und in ihrer täglichen Arbeit weiterzudenken.“

Was bedeutet Praxislernen?

Praxislernen – Was man berücksichtigen sollte

  • Fehlerfreundlichkeit
    Die Lernenden sollten Fehler machen dürfen und sogar dazu ermutigt werden. Mit Offenheit für Fehler können sie unbefangen neue Ideen entwickeln. Während traditioneller Schulunterricht sich oft auf Schwächen konzentriert, geht es jetzt darum, Fehler als konstruktive Chance zu betrachten. 
  • Kreativität und Methodenkompetenz
    Es gibt viele Möglichkeiten, Aktivitäten mit Bezug auf einen Lerninhalt auch im „virtuellen Raum“ zu unternehmen. Allerdings müssen solche Aktivitäten in der Regel maßgeschneidert werden, und das heißt, dass fertige Konzepte dafür kaum zu finden sind. Die Herausforderung für die Lehrperson besteht also darin, Lerninhalte so aufzubereiten, dass sie in einer virtuellen Umgebung erlebbar werden. Dazu braucht die Lehrperson Kreativität und Vertrautheit mit den digitalen Werkzeugen.

  • Gute Vorbereitung und individuelle Förderung
    Ein offenes, fehlerfreundliches Lernkonzept erfordert gründliche Vorbereitung durch die Lehrkraft. Man muss die Lernenden in der Gruppe kennen, um ihre individuellen Stärken zu fördern, ohne sie zu überfordern. Die Lernenden brauchen kompetente Anleitung und praktische Unterstützung.

  • Nachbereitung
    Auf jede Praxislernphase sollte eine Reflexion gemeinsam mit den Lernenden folgen. Damit werden die Lernfortschritte bewusst gemacht.

Praxislernen in der Berufsbildung online: Beispiele

Reflexion über das Praxislernen 

Denken Sie an eine Lerngruppe, die Sie derzeit unterrichten


  • Die Lernenden
    Beschreiben Sie kurz, was Sie unterrichten, wer Ihre Lernenden sind (Typologie), und wie Sie deren Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten einschätzen.

  • Der Stoff
    Welches Thema ist derzeit in diesem Unterricht an der Reihe?
    Welche Aspekte dieses Themas könnten sich für erfahrungsbasiertes Lernen (Praxislernen / Learning by Doing) eignen?

Arbeitsblatt für Aufgabe 1

Praxislernen – drei Dimensionen

Die Integration von Praxislernen in den Fern- oder Online-Unterricht erfordert von der Lehrperson vor allem Kreativität. Die Praxis (das Doing) kann von der Durchführung einfacher Routinen unter Aufsicht bis zum eigenständigen Management komplexer Projekte ohne Anleitung reichen. Im Folgenden beschreibenwird verschiedene Praxislern-Situationen im Fernunterricht. Die Beispiele stammen aus verschiedenen Bereichen der beruflichen Bildung und sollen Sie anregen, selbst kreativ zu werden.

Diese Situationen des Praxislernens werden entlang dreier Dimensionen vorgestellt und diskutiert:

  1. Komplexität der Aufgabe oder des Themas
  2. Realitätsgrad der Aufgabe
  3. Spezialisierungsgrad des Werkzeugs

Dimension 1 Erläuterung

Sehr einfach: 

Nachahmen vordefinierter Prozesse 

 

Im Präsenzunterricht

  • Die Lehrperson gibt konkrete Anweisungen für den Arbeitsablauf / die einzuübenden Schritte
  • Mit zunehmender Geübtheit der Lernenden können leichte Anpassungen vorgenommen werden, um das Gelernte zu festigen, die Schritte zu optimieren und situative Kompetenz zu fördern

 

Im Online-Unterricht

  • Die Lehrperson gibt Anweisungen in einer Videositzung. Die Lernenden können dabei (oder auch später) Fragen stellen. Alternativ können die Anweisungen auch als Video, als Bilderserie usw. aufgezeichnet werden. Damit können sich die Lernenden die Anleitungen so oft wie nötig und in ihrem eigenen Tempo ansehen. 
  • Ebenso kann das Feedback der Lehrperson an die Lernenden entweder in einer Videokonferenz oder in aufgezeichneter Form erfolgen.
  • Äußerst komplex:

    Komplexe Prozesse selbständig erarbeiten


    Im Präsenzunterricht

    • Definieren Sie ein Ziel, das die Lernenden erreichen sollen. Lassen Sie den Weg dorthin offen. Die Lernenden sollen ihren Weg selbst finden, entweder allein oder in Gruppen. Die Lehrkraft verfolgt den Arbeitsprozess und steht für Fragen zur Verfügung. Die Lehrkraft kann die Lernenden durch gezielte Fragen oder Hinweise unterstützen. 
    • In geeigneten Gebieten können die Lernenden komplexe Aufgaben völlig selbständig lösen, ggf. auch durch Versuch und Irrtum. Hier wird die Lehrperson v.a. zur Vorbereitung und Nachbereitung benötigt. 

    Im Online-Unterricht

    • Die Anweisungen müssen klar sein. Idealerweise werden sie sowohl mündlich (per Videokonferenz) als auch in schriftlicher Form zum wiederholten Nachschauen gegeben. 
    • Es muss Instrumente geben, die es den Lernenden ermöglichen, miteinander zu kommunizieren und mit dem Lehrer in Kontakt zu treten. 
    • Es muss Instrumente geben, um die Ergebnisse der Arbeit zu speichern und weiterzugeben. 
    • Wenn eine Selbstlernsoftware verwendet wird, muss diese den Lernenden (natürlich) zur Verfügung stehen. Außerdem sollte es Kommunikationsmittel geben, um die Gruppe oder den Lehrer zu kontaktieren, z. B. Telefon oder Chat.

Aufgabe:

Denken Sie an das Fach, das Sie unterrichten:

Formulieren Sie a) eine einfache und b) eine komplexe Aufgabe für Ihre Lernenden. Verwenden Sie dabei jeweils die Struktur:
„Vorbereitung – Durchführung – Nachbereitung“ 

Denken Sie an Ihre typischen Lernenden

Welchen Grad an Komplexität sollte die Aufgabe für Ihre Lernenden haben?
Warum?

Arbeitsblatt für Aufgabe 2

Dimension 2 Erläuterung

Nur Simulation: 

Rollenspiele und Simulationsumgebungen 

 

Im Präsenzunterricht

  • Man gibt den Lernenden Zugang zu einer Simulationsumgebung und lässt sie dort die im Unternehmen anfallenden Arbeiten üben. Viele Unternehmen haben beispielsweise Testumgebungen für die Software, mit der sie arbeiten (Kundendatenbank, Lagerdatenbank, eine Testversion der Unternehmenswebsite usw.). 
  • Simulationsspiele, Simulationsprogramme, physische Modelle (Puppen) erlauben es, Arbeitsprozesse zu simulieren, damit die Lernenden die benötigten Fähigkeiten erwerben und festigen können. 
  • In Rollenspielen können Lernende verschiedene typische Kommunikationssituationen üben. 

 

Im Online-Unterricht

  • Die Lernenden brauchen Fernzugriff auf die Simulationsumgebung. Dort können sie selbstständig arbeiten, Dinge ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Der Lehrer sollte bei Bedarf verfügbar sein. 
  • Für Rollenspiele ist eine Videokonferenz eine gute Umgebung, da der Rest der Gruppe zuschauen und zuhören und daraus lernen kann. Rollenspiele sind aber auch per Telefon, Chat oder E-Mail möglich.
  • Echte Arbeit zu leisten:

    Arbeit in der Praxis


    Im Präsenzunterricht

    • Die Lernenden haben Online- oder Telefon-Treffen mit Kunden des Unternehmens (oder anderen Beteiligten) und lösen dort reale Aufgaben (Beratung, Verkauf, etc.) 
    • Auch viele andere Arbeiten im Unternehmen können von Lernenden real ausgeführt werden, eventuell unter Aufsicht.

    Im Online-Unterricht

    • Definieren Sie die Aufgaben klar. Geben Sie den Lernenden die Möglichkeit, ihre Ideen und Ansätze zu diskutieren, und geben Sie ihnen dazu Feedback. Dies trägt zu einer positiven Lernerfahrung bei. 
    • Kundentreffen können per Videoanruf, Telefon oder Chat vereinbart werden. Alle geleisteten Arbeiten sollten dokumentiert werden (konkrete Ergebnisse der Arbeit, Fotos, Videos...) und werden schließlich an die Lehrkraft geschickt als Grundlage für die Bewertung des Geleisteten und für das Feedback.

Beispiel 1

Beispiel 2

Aufgabe:

Denken Sie an das Fach, das Sie unterrichten: 

  • Entwerfen Sie zwei Aufgaben für Ihre Lernenden: eine, bei der Arbeitsprozesse nur simuliert werden, und eine, bei der die Lernenden etwas tun, das in einen realen Arbeitskontext eingebettet ist. Sie können für die Verschriftlichung Ihres Konzepts die Vorlage auf der nächsten Seite verwenden. 
  • Überlegen Sie: Was ist für Ihre typischen Lernenden besser geeignet? Warum?

Arbeitsblatt für Aufgabe 3

Dimension 3 Explanation

Niedriges Niveau

Verwendung allgemein verfügbarer Geräte

 

Im Präsenzunterricht

  • Aufgaben können mit überall verfügbaren Werkzeugen und Materialien gelöst werden. 
  • Bei Büroausstattung sind das betrifft, sind das PCs oder Laptops mit Standard-Bürosoftware (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Kommunikation, Präsentation). Bei der Lösung der eigentlichen Aufgaben können die Lernenden auch Kenntnisse im Umgang mit diesen Werkzeugen erwerben. 
  • Die Ergebnisse werden dokumentiert und im Unterricht präsentiert, z.B. durch eine vorbereitete Präsentation, Handouts mit Arbeitsschritten usw.

Im Online-Unterricht

  • Die Lernenden verwenden die Geräte, die sie zu Hause haben 
  • Normale Bürogeräte und Bürosoftware sind oft zu Hause vorhanden. Notfalls sind einige Programme online verfügbar (wenn auch mit eingeschränkter Funktionalität), und man kann Laptops ausgeben. 
  • Die Ergebnisse werden in einem Videoanruf präsentiert, oder es wird eine Dokumentation in Text, Bild oder Video an die Klasse gesendet. So kann die gesamte Klasse die Ergebnisse nutzen. Die Lernenden verbessern dabei ihre Präsentationsfähigkeiten.
  • Hohes Niveau

    Using specialised equipment of the trade 


    Im Präsenzunterricht

    • Die Lernenden verwenden Materialien und Geräte, die speziell am Arbeitsplatz oder in der Bildungseinrichtung zur Verfügung stehen. In Pflegeberufen könnte dies die Arbeit mit echten Patienten bedeuten oder die Arbeit an speziellen Puppen, um bestimmte Abläufe zu trainieren. In handwerklichen Berufen wäre dies die Werkstatt. In der Verwaltung wäre es die maßgeschneiderte Finanzverwaltungssoftware des jeweiligen Unternehmens. 
    • In einigen Berufen und Gewerben ist bereits jetzt (2025) der Einsatz von Simulationssoftware für die Ausbildung Standard, z. B. für Maschinenführer. Auch Virtual Reality wird immer häufiger eingesetzt.

    Im Online-Unterricht

    • Die Ausrüstung muss den Lernenden für zu Hause gegeben werden. 
    • Mit Sotware ist das leicht. Mit bestimmten Werkzeugen (z. B. Schweißsimulator) ist es theoretisch möglich, aber teuer. 
    • Eine Zwischenlösung kann darin bestehen, die Ausrüstung in dezentralen Lerneinrichtungen in der Nähe der Wohnorte der Lernenden bereitzustellen. Beispiel: Schweißen lernen mit Schweißsimulatoren.
    • Die Lernenden benötigen eine Schulung für die Verwendung der Ausrüstung. Dies kann über Videokonferenzen, in Form von Videotutorials oder in schriftlicher Form erfolgen.

Beispiel 1

Beispiel 2

Aufgabe:

  • Denken Sie an das Fach, das Sie unterrichten: 

    • Überlegen Sie sich eine Aufgabe für Ihre Lernenden, für die sie nur eine zuhause verfügbare Grundausstattung benötigen
    • Überlegen Sie sich eine andere Aufgabe, für die eine spezielle Ausrüstung am Arbeitsplatz erforderlich ist 

    Denken Sie an Ihre typischen Lernenden: 

    • Wie beurteilen Sie die Verfügbarkeit von grundlegenden Hilfsmitteln für Ihre Lernenden zu Hause?
    • Wie beurteilen Sie deren Medienkompetenz? 
    • Schlussfolgerungen für die Aufgaben, die Sie ihnen stellen können?

Arbeitsblatt für Aufgabe 4

Machen Sie dieses Quiz, um zu bewerten, wie viel Sie gelernt haben!

Von der Europäischen Union finanziert. Die geäußerten Ansichten und Meinungen entsprechen jedoch ausschließlich denen des Autors bzw. der Autoren und spiegeln nicht zwingend die der Europäischen Union oder der Europäischen Exekutivagentur für Bildung und Kultur (EACEA) wider. Weder die Europäische Union noch die EACEA können dafür verantwortlich gemacht werden.Projektnummer: 2022-1-SE01-KA220-VET-000087462 

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